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Memento mori

Ich schreibe diese Zeilen an einem grauen, nebligen und regnerischen Sonntagnachmittag. Sonne habe ich heute noch keine gesehen, und die Natur bereitet sich langsam auf den Winter vor. Genau die richtige Zeit, um mich mit der Vergänglichkeit des Lebens zu beschäftigen. Nicht verwunderlich, dass dabei die Aussage „Memento mori“ in meinen Kopf herumgeistert. Diese Worte kommen aus dem lateinischen und bedeuten so viel wie „gedenke des Todes“. Wir werden damit an unsere Sterblichkeit erinnert und daran, dass jeder Tag unser letzter sein könnte.

Die Beschäftigung mit dem Sterben ist nichts, was die meisten von uns freiwillig tun, und wir glauben, dass es mit dem Tod immer nur die anderen trifft. Doch in Wahrheit haben wir keine Garantie dafür, dass wir die nächsten Wochen, Monate oder Jahre noch hier sein werden. Das Leben ist zerbrechlich. Der Begriff „Memento mori“ soll uns jedoch nicht ängstlich oder traurig, sondern bewusst dafür machen, dass unser Leben endlich und gerade deshalb so wertvoll ist. Wir alle werden irgendwann sterben, der Tod gehört zum Leben dazu. Wenn wir an unsere eigene Vergänglichkeit denken, bringen wir uns zurück in den jetzigen Augenblick, zurück zu diesem Tag, an dem wir leben. Wir haben täglich die Möglichkeit, das Beste zu geben und Entscheidungen zu treffen, die uns glücklich machen. Wenn wir heute nicht das Verhalten an den Tag legen, das gut für uns und für andere ist, wann dann?   

Viele von uns sind Weltmeister im Aufschieben. Wer kennt sie nicht, die „Morgendiät“? Wir nehmen uns vor, ab nächster Woche auf Süßigkeiten zu verzichten und regelmäßige Mahlzeiten zu uns zu nehmen. Doch dann kommt wieder etwas Unpassendes dazwischen. So haben wir eine Ausrede, warum wir nicht gleich damit beginnen können, gesund und bewusst zu essen und zu leben. Es ist viel einfacher, das Leben auf später zu verschieben. Hauptsache wir kommen einigermaßen heil durch den Tag, und in der Komfortzone lebt es sich nun mal bequem. Doch damit lassen wir die kostbaren Augenblicke, in denen wir wichtige Veränderungen machen könnten, unbeachtet vorbeiziehen. Und dass unser Leben nicht so verläuft wie wir es uns vorgestellt haben, daran geben wir den anderen die Schuld. Oder den ungünstigen Umständen. Oder der Ungerechtigkeit der Welt.

Wenn wir uns jedoch regelmäßig an unsere Sterblichkeit erinnern, gehen wir mit unserer Zeit viel sorgsamer um. Wir genießen die Tage viel mehr, wir holen das Beste heraus. Wir erkennen die Bedeutung unseres täglichen Handelns. Es gibt immer wieder Dinge und Situationen, auf die wir keinen Einfluss haben. Warum also dagegen ankämpfen? Lieber die Perspektive wechseln und das, was wir nicht ändern können, akzeptieren. Wir können weder das Wetter verbessern noch die schlechte Laune unserer Chefin. Doch wir haben sehr wohl Einfluss darauf, wie wir uns selbst verhalten. Wir können uns im Zwiebellook anziehen und uns darüber freuen, dass die Hitze des Sommers vorbei ist. Wir erkennen, dass unsere Chefin nicht wegen uns schlecht gelaunt ist, sondern weil sie mit all den Anforderungen nicht zurechtkommt. Wir können ändern, wie wir mit unserer Gesundheit umgehen. Warum mit einer bewussten Ernährung erst am Montag beginnen? Warum nicht gleich, heute, jetzt?

Auch für mich wird dieses Leben, so wie es ist, einmal vorbei sein. Doch noch bin ich da, und das mit Freude und großer Dankbarkeit. Ich sehe meine Zeit auf der Erde als Geschenk, das ich nicht weiter verschwenden möchte für Unwichtiges und Triviales. Auch will ich nicht in Angstszenarien einsteigen, und mir dadurch meine Energie und meinen Optimismus rauben lassen. Eines ist mir klar geworden: Ich kann zwar große Pläne, Träume und Ziele haben und diese verfolgen, doch leben kann ich immer nur in dem Moment, der gerade ist. Nur in der Gegenwart kann ich Schritt für Schritt das umzusetzen, was ich anstrebe, das verändern, was ich anders haben möchte. Auch meine Ernährungsentscheidungen treffe ich im jetzigen Moment, sage nein zu Lebensmittel, die mir nicht guttun und esse mich satt an nahrhaften Speisen, die meinem Magen schmeicheln. Ich möchte weiterwachsen und mich weiterentwickeln. Ich möchte herausfinden, was für mich noch alles möglich ist und mich vom Leben überraschen lassen. Die beste Version von mir selbst zu leben ist oft nicht einfach, doch ich gebe täglich mein Bestes. Je mehr Achtsamkeit ich in meinen Tag lege, desto erfüllter zeigt sich auch mein Leben.

Der Tod macht unser Leben also nicht sinnlos – im Gegenteil! Die Erinnerung an unsere Vergänglichkeit lässt uns die Kostbarkeit unserer Zeit erkennen und bringt uns näher an das Leben, das wir wirklich leben möchten.