Das gute Glück

Ich sitze in der Hollywoodschaukel und genieße den warmen Juniabend. Flecki, die Katze, räkelt sich im Gras und gähnt ausgiebig. Voller Bewunderung betrachte ich die zarten Gänseblümchen auf der Wiese und erfreue mich am Anblick meiner neuen Errungenschaft: Am Eingang zum Wintergarten steht seit heute Mittag Johnny, der Gartenzwerg. Ich habe ihn vor einigen Tagen in der Auslage des örtlichen Supermarktes entdeckt und mich sofort in ihn verliebt. Heute habe ich ihn mitgenommen. Johnny trägt eine gelbe Zipfelmütze, sein Gesicht ist umrahmt von einem weißen Bart. Lachend und mit großen Augen schaut er mich neugierig an. In seinen Händen hält er ein Schild auf dem „Welcome“ steht. Er sieht aus, als wäre er direkt aus einem Märchen herausgepurzelt und kann noch gar nicht glauben, dass er hier in der Menschenwelt gelandet ist.

Gedankenverloren blicke ich auf das Buch, das ich soeben beendet habe. Es ist über das „gute Glück“.

Damit ist nicht das Glück gemeint, das wie ein Sturm in unser Leben gewirbelt kommt und unsere Endorphine Purzelbaum schlagen lässt. Wie etwa bei einem Lottogewinn, bei beruflichen Höhenflügen oder dem Treffen einer neuen großen Liebe. Diese Art von Glück ist zwar sehr intensiv und verführerisch, es ist jedoch immer mit Situationen, Menschen und Dingen im Außen gekoppelt. So schnell wie es gekommen ist, kann es auch wieder verschwinden und übrig bleibt ein schaler Geschmack im Mund und ein leeres Gefühl im Herzen. Haben wir nicht alle schon diesem Glück nachgetrauert?

Doch das gute Glück ist anders.

Das gute Glück ist ein nachhaltiges Glück, ein Glücksgefühl, das wir uns selbst erarbeiten können und das bleibt.

Es ist das Glück, das wir empfinden, wenn wir uns weiterentwickeln, wenn wir eine Krise überwunden haben und mutig die Vergangenheit hinter uns lassen. Wenn wir herausfinden, was für uns persönlich wichtig ist und unser Leben nach unseren eigenen Werten ausrichten, und nicht nach denen der Gesellschaft. Wenn wir immer wieder zu einem friedlichen Platz in uns zurückkommen und uns dort sicher, geborgen und wohl fühlen. Egal, was gerade auf der Bühne der Welt passiert.

Sind wir nicht alle Anwärter auf das gute Glück?

Nachdem im letzten Jahr viele von uns durch schwierige Zeiten gegangen sind, beginnen wir wieder durchzuatmen. Wir sind gewachsen. Wir haben unsere Kraft zurückgewonnen – oder überhaupt zum ersten Mal in unserem Leben erkannt, wie kraftvoll wir sind. Wir haben uns verändert und so verändert sich auch die Welt um uns herum. Zu einer besseren Welt. Zu einer Welt wo nicht mehr das gierige Ego seine ICH-Sucht befriedigen will, sondern wo sich das ICH und DU und WIR zu einem gemeinsamen Tanz finden und Freude daran haben.

Auch ich erkenne es immer besser, das gute Glück. Ich erkenne es im Schnurren der Katze, in den Sonnenstrahlen, die gerade meine Nase kitzeln und im schelmischen Blick meines Gartenzwerges. Aber auch daran, dass ich meine Tage nicht mehr durchstrukturieren will und die Konzepte in meinem Kopf aufgebe, wie mein Leben sein sollte. Daran, dass ich aufhöre, mich ständig beweisen zu wollen und nach Erfolg jage, um mehr Wertschätzung für meine Arbeit zu bekommen. Daran, dass ich die Magie und Großartigkeit in jedem Augenblick sehe.

Für heute ist es gut. Ich war produktiv und kreativ, jetzt werde ich grünen Salat und frische Radieschen im Garten ernten und mir ein köstliches Abendessen zubereiten. Dann vielleicht lesen, mit meiner Mitbewohnerin plaudern, mir einen Film ansehen und den Abend genießen. Mit der Gewissheit, dass morgen wieder ein schöner Tag kommt, in dem das gute Glück eingebettet liegt.

Erkennst auch du dein gutes Glück? Heiße es Willkommen!